Justina Heß (1704–1782)

„In allen einem Frauen-Zimmer wohlanständigen Verrichtungen geschult“

Justina Dorothea Dörtenbach wurde am 20. Juli 1704 in Herrenberg geboren. Sie erhielt die damals übliche Mädchenbildung. Seit ihrem 14. Lebensjahr war sie häufig krank. Vielleicht rührt daher ihr Interesse für die Beschäftigung mit der Bibel.

Am 4. Februar 1724 heiratete sie Gottlieb Friedrich Heß, Vogt in Herrenberg. Es gibt keine Nachrichten über gemeinsame Kinder. Die Informationen über Justina stammen bisher ausschließlich aus den Berichten ihres Mannes. Selbstzeugnisse von ihr sind nicht bekannt.

Die Ehepartner scheinen von unterschiedlichem Charakter gewesen zu sein. Ihr Mann sprach mit großer Hochachtung von Justina. In der Öffentlichkeit war sie wohl sehr angesehen. Sie betätigte sich auf dem Feld der Fürsorge, unterstützte die Armen und kümmerte sich um die Ausschmückung der Stiftskirche.

Ihr Mann verstand sich als Historiker, seine von ihm verfasste Chronik von Stadt und Amt Herrenberg ist von großer Bedeutung. Darüber hinaus war er Musiker und ein Förderer des Musiklebens. Er leitete das Collegium musicum und komponierte zahlreiche Kirchenlieder.

Großteil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke

Der Text seines Grabsteins, den Justina für ihren Mann verfasste, gibt uns Auskunft über die Bedeutung, die Justina ihrem Mann zugemessen hat: Es werden viele gute Taten gerühmt, sein Arbeitseifer, die Kirchenmusik, nicht aber die Arbeit an der Chronik, die ihn doch sehr viel Arbeitskraft und Zeit gekostet haben muss. Offenbar war sie mit dieser Tätigkeit nicht einverstanden gewesen. So versuchte sie die Chronik an einen Trödler zu verkaufen.

Als Gottlieb Friedrich Heß im Jahr 1761 starb, hinterließ er seiner Frau als Universalerbin ein beträchtliches Vermögen. Ein Großteil dieses Vermögens stiftete Justina für wohltätige Zwecke: Sie richtete drei Stipendien für Honoratiorensöhne der Stadt Herrenberg für das Studium an der Universität Tübingen ein und gründete die „weiblich hessische Stiftung“ für überseeische missionarische Zwecke.

Im Jahr 1782 starb Justina Heß in hohem Alter in Herrenberg.

Beitrag von Illja Widmann für die Broschüre „FrauenWege“ (Herrenberg 2008), Station 4: Oberamt, Kirchgasse 2.