„Mutter der Armen“
Auch wenn ihr Geburtshaus beim Stadtbrand 1635 abbrannte, kann man in der Herrenberger Schuhgasse 4 einer Frau gedenken, die ihren Platz im Leben mit großer Energie gestaltete: Maria Andreä, geb. Moser.
Sie wurde am 23. Oktober 1550 in eine einflussreiche Familie geboren, sowohl der Großvater als auch der Vater bekleideten das Amt des Vogtes in Herrenberg. Mit neun Jahren verlor Maria Moser ihre Mutter. Die Erziehung übernahm ihre Großmutter, Katharina Hiller, die in der Stadt als heilkundige Frau bekannt war. Von ihr lernte Maria unter anderem Lesen und Schreiben. Sie interessierte sich auch für Wissenschaft, Kunst und theologische Schriften. Von Maria selbst sind kaum schriftliche Zeugnisse, die uns einen Blick in ihr Leben ermöglichen, bekannt und es gibt auch kein Bildnis von ihr.
Mit 26 Jahren heiratete Maria den Pfarrer Johannes Andreä. Von 1582 bis 1591 lebte die Familie Andreä in Herrenberg im Pfarrhaus. Maria brachte hier fünf der acht Kinder zur Welt und erwarb sich einen Ruf als „Mutter der Armen“. Als Marias Mann starb, lebte die Familie nicht mehr in Herrenberg, in Marias vertrautem Umfeld. Der tatkräftigen Frau gelang es dennoch, allein für die Familie zu sorgen: Die Töchter wurden gut verheiratet, den Söhnen ermöglichte sie ein Studium an der Universität.
1607 ernannte Herzogin Sibylla von Württemberg Maria Andreä zur Vorsteherin der Hofapotheke in Stuttgart. Nach dem Tod des Herzogs musste Sibylla kurze Zeit später Stuttgart verlassen und an den Witwensitz nach Leonberg umziehen. Maria Andreä folgte ihr. Sechs Jahre, bis zu Sibyllas Tod, lebten beide Frauen im Leonberger Schloss. Die letzten zehn Jahre ihres Lebens verbrachte Maria bei ihrem Sohn Johann Valentin, der Pfarrer in Calw war. Auch an dort wurde sie unter dem Namen „Mutter der Armen“ bekannt.
Maria Andreä – „eine Frau wie ein Mann“
Maria Andreä starb hochbetagt am 25. Januar 1632. Auf dem Grabstein, der leider nicht mehr erhalten ist, hat ihr Sohn Johann Valentin Andreä ihr ein Denkmal gesetzt:
„Maria Moserin, Tochter des Valentin. Außer ihrem Geschlecht hatte sie nichts Weibliches. Sie war eine Frau wie ein Mann: religiös, herzensgebildet, arbeitsam, gegen Schicksalsschläge gewappnet, bewandert in allen guten und ansprechenden Tugenden einer Ehefrau, eine Mutter der Armen, Witwe des Johannes Andreae, dessen einzigartige Hilfe und Halt sie war, Vorsteherin des württembergischen Apothekenhofs, durch Fleiß, Glaube und Unschuld der Sitten von allen bewundert, in Krankenheilung erfahren.“
Dies war in der damaligen Zeit wohl das höchste Lob, das einer Frau zuteil werden konnte: „eine Frau wie ein Mann“.
Beitrag von Illja Widmann für die Broschüre „FrauenWege“ (Herrenberg 2008), Station 5: Schuhgasse 4.